Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Beelanz

Mit dem Bienenschutz-Projekt Vobees leisten wir auf dem Dach unserer Zentrale in Bad Cannstatt ein Bildungsprojekt zum Artenschutz.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter transferieren täglich mehr oder weniger große Geldbeträge. Das ist ihr Alltagsgeschäft. 15 von ihnen beschäftigen sich jedoch gelegentlich mit Summen ganz anderer Art. Dazu steigen sie auf das Dach der Volksbank Stuttgart-Zentrale in Bad Cannstatt. Anfang Mai 2022 sind dort zwei Bienenvölker mit circa 30.000 Bienen eingezogen. Seitdem kümmern sich 15 Bienenpaten um ihre Vobees, zusammen mit Imker Tobias Miltenberger. In einem Auftaktworkshop vermittelte er ihnen umfangreiches Bienenwissen. Zudem erhielten sie eine ausführliche Einweisung in ihre Aufgaben.

Ziel des Projekts ist es – neben der Herstellung von eigenem Honig – mit den Bienen die ökologischen Zusammenhänge zu entdecken. Dazu eignen sich Flachdächer in Großstädten ebenso wie Wiesen und Wälder. Und angesichts des rasanten Bienensterbens sollte nichts unversucht bleiben. Deshalb freut sich Tobias Miltenberger umso mehr über Initiativen, wie die der Volksbank Stuttgart.

„Wir brauchen die Biene und die Biene braucht uns“, betont der Bio-Imker immer wieder. Dieses Bewusstsein möchte er den Menschen vermitteln. Als engagierter Bienen-Lobbyist leistet er Aufklärungs- und Bildungsarbeit für die nützlichen Tiere. proBiene heißt das gemeinnützige Institut über die er – gemeinsam mit seinem Team – Projekte für Kinder, Jugendliche und Erwachsene organisiert, Imkerkurse gibt, sich für die Öko-Imkerei stark macht und politisch aktiv ist. Nebenbei schreibt er Bücher – natürlich über die Biene – und betreibt eine eigene Demeter-Imkerei.

Mit uns hat er über seine Aktivitäten und seine Faszination für Bienen gesprochen.

Kurzsteckbrief: Tobias Miltenberger

Tobias Miltenberger (45 Jahre) ist Dipl.- Agraringenieur, Bio-Imker, Öko-Aktivist, Bildungsarbeiter und Autor von Fach- und Kinderbüchern. Bevor er sich ganz der Biene widmete, beschäftigte er sich mit verschiedenen ökologischen Themen:

  • 1998 Nach der Ausbildung zum Energieelektroniker, längere Südamerika-Reise mit Tätigkeit in sozialen Projekten mit Imkerei
  • 2001 bis 2006 Landwirtschaftsstudium
  • 2006 bis 2008 Hauptamtlicher Bundesvorsitzender der Deutschen Pfadfinder schaft St. Georg (DPSG)
  • 2010 Nach 1,5 Jahren Elternzeit, Fortbildung als Solartechniker und Gründung eines Ingenieur- und Handwerksbe triebs für erneuerbare Energien
  • 2015 bis 2020 Haupterwerbs-Imker mit dem Demeter-Betrieb Summtgart
  • Seit 2016 Mit-Gründer und Geschäftsführer von „proBiene – Freies Institut für ökologische Bienenhaltung“
  • 2019 Mit-Initiator des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ in Baden-Württemberg, das 2020 in ein weitreichendes Artenschutz-Gesetz mündete
  • Seit 2021 Aufbau einer neuen eigenen Demeter-Imkerei im Stadtgebiet Stutt gart
  • Bankier der Volksbank Stuttgart seit 2015

 

Mehr entdecken:
www.tobias-miltenberger.de und www.probiene.de

Tobias Miltenberger
Hallo Herr Miltenberger, woher kommt eigentlich Ihre Schwärmerei für die Biene?

Infiziert hat mich die Bienenbegeisterung während eines mehrmonatigen Aufenthalts in Argentinien vor 25 Jahren. Ich habe dort an Sozial- und Ausbildungsprojekten für Jugendliche mitgearbeitet, wozu auch eine Imkerei gehörte. Seither hat mich die Biene nie mehr losgelassen. Nach meiner Rückkehr aus Südamerika habe ich meinen erlernten Beruf als Elektroniker in der Autoindustrie an den Nagel gehängt. Ich wollte etwas verändern, mich sinnvoll und ökologisch engagieren und bin schließlich auch beruflich bei der Biene gelandet. Ich habe Landwirtschaft studiert und auch hier war die Biene mein Herzensthema, was viele meiner Kommilitonen wohl eher skurril fanden. Dabei ist Ackerbau ohne Bienen gar nicht denkbar, schon deshalb müsste die Landwirtschaft besonders bienenfreundlich sein.

Warum setzen Sie sich so für den Bienenschutz ein?

Das hat emotionale und rationale Gründe. Ich mag sie einfach. Und sie sind ja auch faszinierende Lebewesen mit ihrer Gemeinschaftsorganisation, ihrer kollektiven Intelligenz und ihrer einzigartigen Kommunikation. Bei diesen kleinen Wundern der Natur kommen auch erfahrene Imker immer wieder ins Staunen. Zwischen Menschen und Bienen besteht eine uralte und tiefe Beziehung, die in manchen Kulturen auch religiöse Züge hat. Immerhin hängt die Ernährungssicherheit der Menschheit von ihrer Bestäubungsleistung ab, auch für die  ünftigen Generationen. Mir ist es wichtig, diese Verbindung zu pflegen, mit viel Respekt und Verantwortung.

Wie steht es allgemein um die Bienen, sind sie vom Aussterben bedroht?

Die Westliche Honigbiene ist noch nicht akut vom Aussterben bedroht, was aber nicht heißt, dass es ihr gut geht. Schlimmer sieht es bei der Dunklen Biene aus, einer ursprünglichen Unterart der Honigbiene, ebenso bei den Wildbienen, hier stehen etwa 40 Prozent aller Arten auf der roten Liste. Viele Entwicklungen der letzten Jahre schaden den Bienen, vor allem der Pestizid-Einsatz und die Monokulturen in der Landwirtschaft, der Rückgang der natürlichen artenreichen Habitate und damit der Nahrungsquellen. Davon ist auch die Honigbiene betroffen, deshalb müssen wir uns um sie kümmern, um ihr Überleben zu sichern. Das heißt, ihre Lebensräume schützen, Nahrungsangebote schaffen und sie gegen Krankheiten behandeln. Und uns von der Intensiv-Imkerei verabschieden, die auf maximale Honigausbeute aus ist und Krankheitserreger wie die Varroamilbe begünstigt.

Was machen Öko-Imker anders?

Bio-Imker nach dem Demeter-Standard orientieren sich in der Bienenhaltung an den natürlichen Bedürfnissen der Tiere, im Mittelpunkt steht ihr Wohlbefinden und nicht das Profitinteresse der Menschen. Praktisch hat das viele Facetten. Unter anderem setzen wir auf standortangepasste Bienen in ihrem natürlichen Lebensraum statt auf spezielle „Leistungsrassen“, die auf Masse und Ertrag hochgezüchtet sind. In der Intensiv-Imkerei ist es zum Beispiel üblich, die Bienenkönigin künstlich zu besamen und ihre Flügel zu beschneiden, um sie am Ausfliegen zu hindern. Das lehnen wir ab. Wir setzen auch keine vorgefertigten Kunststoff- oder Wachswabenwände in den Bienenstock, sondern lassen die Bienen ihre Naturwaben selbst bauen. Und wir entnehmen relativ wenig Honig und belassen den Großteil für die Überwinterung im Stock.  

Was können wir alle unternehmen, um den Lebensraum der Bienen zu schützen?

Mit unserem Konsum bestimmen wir alle mit, wie es den Bienen geht. Je mehr Menschen sich
für Bio-Lebensmittel entscheiden, desto weniger Pestizide werden verwendet. Und ökologisch bewirtschaftete Flächen fördern die Artenvielfalt. Dazu kann jeder auch im eigenen Garten oder auf dem Balkon beitragen. Vielfältige Pflanzen, Sträucher und Kräuter, die zu unterschiedlichen Zeiten blühen, bieten den Bienen bis in den Spätsommer hinein Nahrung. Es gibt ja inzwischen in jedem Supermarkt Samentütchen für die Bienenweide zu kaufen. Dabei sollte man aber Mischungen nehmen, die zur regionalen Artenwelt passen und ohne Chemie oder synthetische Düngung erzeugt wurden. Besonders wichtig sind dabei Spätblüher wie Kornblumen, Klatschmohn, Ringelblumen, weil ab Juli die Nahrung für die Bienenvölker knapp wird.

Worauf sollte man beim Kauf von Honig, beispielsweise im Supermarkt, achten?

Achten Sie auf regionale und ökologisch erzeugte Produkte, wenn Sie etwas für die Bienen tun und zugleich wohlschmeckenden, gesunden Honig genießen wollen. Schauen Sie aufs Etikett: Wenn dort als Herkunftsbezeichnung „aus EU- und Nicht-EU-Ländern“ angegeben ist, wird der Honig in der Regel in großen Kontingenten vom Handel erworben und intensiv behandelt. In der industriellen Produktion wird der Honig erhitzt, dabei gehen sortentypische Aromen und wertvolle Inhaltsstoffe verloren. Am besten ist es, wenn Sie sich einen Imker in der Nähe suchen. Mit dem können Sie sprechen und sich aufzeigen lassen, ob die Bienen artgerecht gehalten werden und wie der Honig produziert wird.  

Was verbindet Sie mit der Volksbank Stuttgart?

Ich bin privat mit meiner Hausfinanzierung Kunde bei der Volksbank Stuttgart und weiß das zu schätzen. Als Selbstständiger, noch dazu Imker und Naturschutzaktivist, war ich ja nicht gerade der ideale Wunschkunde für eine Bank, da haben einige schnell abgewunken, zumal in der Corona-Zeit. Genossenschafts-Mitglied bin ich aber schon länger, seit der Gründung meiner ersten Demeter-Imkerei. Ich finde, der Genossenschaftsgedanke ist eine sehr gute Sache, vor allem auch, weil man als Mitglied Einfluss nehmen kann.

Vobees
Im Mai 2022 sind zwei Bienenvölker auf das Dach des Volksbank Quartiers eingezogen. Zusammen mit Imker Tobias Miltenberger kümmern sich 15 Bienenpaten um ihre Vobees.