Herr Locher, wo sind Sie am liebsten: In Ihrer Gärtnerei, beim Fotoshooting oder beim Filmdreh?
Rainer Locher: Sowohl als auch. Ich bin gerne in der Gärtnerei, aber auch gerne eins, zwei Tage unterwegs. Doch nur eins von beiden: Da wäre mir Gärtnerei schon lieber. Aber die Abwechslung macht es einfach aus. Einen Tag in der Gärtnerei oder bei Kunden, den nächsten beim Shooting oder Dreh irgendwo in Europa, dann wieder geerdet in der Gärtnerei – das ist wichtig für mich.
Viele Stuttgarter dürften Ihre Gärtnerei auf der Uhlandshöhe kennen. Das Gartencenter haben Sie vor längerer Zeit geschlossen: wegen Ihrer Modelkarriere?
Rainer Locher: Nein, das waren wirtschaftliche Gründe. Die Umsätze sind zurückgegangen, weil sich die Konkurrenz verändert hat. Früher waren das der Fach- und der Blumenhandel, heute sind es die Baumärkte für Topfpflanzen und die Supermärkte im Schnittblumenbereich, bis hin zu Tankstellen. Gerade Schnittblumen waren früher ein Luxusprodukt, heute sind es Mitnahmeartikel.
Was macht seitdem Ihr Geschäft als Gärtner aus? Und was ist ein Pflanzenhotel?
Rainer Locher: Wir sind reiner Dienstleister im grünen Bereich. Unsere Stärken sind Mietpflanzen, Großveranstaltungen wie Festzelte beim Cannstatter Wasen, Weihnachtsmarkt, Sommerfest Stuttgart usw. Für Mietpflanzen bieten wir den kompletten Pflegeservice für Kunden wie Breuninger, Outletcity Metzingen und viele andere. Wir haben auch Privatkunden, die Balkon oder Terrasse verschönern möchten. Komplettservice heißt: Pflanzen, Gefäße, Bewässerung, Beleuchtung, selbstverständlich mit Lieferung und Montage. Da rufen Kunden an und sagen: „Herr Locher, kommen Sie mal vorbei, was machen wir denn mit meiner Terrasse Schönes?“ Das macht Spaß: rauskriegen, was der Kunde möchte, und das dann liefern.
Das Pflanzenhotel ist auch eine Dienstleistung: Wir lagern mediterrane, nicht winterharte Pflanzen in unseren Gewächshäusern über den Winter bei entsprechenden Temperaturen ein. Ebenfalls mit Komplettpflege wie Wässern, Düngen, Rückschnitt, Pflanzenschutz, Umtopfen, Abholung und Lieferung.
Wie kommt man als Gärtner zum Modelbusiness?
Rainer Locher: Wir waren Aussteller auf einer Hochzeitsmesse – und neben uns hatte das Arbeitsamt einen Stand mit seinem Künstlerdienst. Die vermitteln für Feiern Künstler, Zauberer, Feuerspucker usw. Und auch Schauspieler und Models. Da habe ich im Spaß gesagt: „Ist ja witzig, dann mach ich das auch.“ Und die Frau vom Arbeitsamt meinte: „Machen Sie es, Sie haben Chancen!“ Ich habe gleich abgelehnt. Doch bei dem Gespräch war auch eine Fotografin dabei – und die hat mich dann ein halbes Jahr lang wirklich bearbeitet.
Irgendwann habe ich dann mal ein paar Fotos geschickt. Drei Tage später klingelte das Telefon, eine Woche drauf hatte ich meinen Vorstellungstermin. Da habe ich dann erfahren, was eine Sedcard ist (Model-Visitenkarte mit Bildern und Infos), mir eine zusammengestellt und im Dezember rausgeschickt – im Februar hatte ich meinen ersten Auftrag. Irgendwann haben Stuttgarter Zeitung und SWR davon Wind bekommen und dann wurde ich zu Interviews und in Sendungen wie „Kaffee oder Tee“ oder die Landesschau eingeladen.
Werden Sie in der Öffentlichkeit erkannt?
Rainer Locher: Als Model weniger, da ich vor allem überregional in ganz Deutschland bzw. Europa gebucht werde. Meist werde ich ohne Gärtneroutfit und Brille fotografiert und deshalb nicht als der Stuttgarter Gärtner wahrgenommen. Einige Jahre habe ich als SWR-Gärtner in der Landesschau in Privatgärten Ratschläge gegeben; danach bin ich regelmäßig angesprochen worden.
Manchmal merkt man, wenn Leute gucken und wissen, dass sie mich schon mal gesehen haben, aber nicht wo.
Was war das Skurrilste, das Sie je erlebt haben?
Rainer Locher: Ich hatte schon ein paar Mal mitgemacht bei ein paar Serien, immer als Komparse, einmal als Gärtner. Aber einmal war ich die Hauptperson im Krimi: die Leiche. Da musste ich tatsächlich zweimal zwei Stunden in einer Baugrube liegen, im Dezember, das war krass.
Die Visagistin hatte sich extra im Leichenhaus angeschaut, wie sie mich schminken musste. Ich sah wirklich schlecht aus; meine Frau hat sich über mein Selfie richtig erschrocken.
Und dann wurde ich präpariert, mit Wärmepads am ganzen Körper, mit Skiunterwäsche und mit Stretchfolie gegen die Feuchtigkeit. Darüber kam ein Anzug, denn ich war ein Geschäftsmann, der in die Baugrube geschubst worden war. Dort wurde ich auf eine Isomatte gelegt und musste stillliegen. Und z. B. nicht atmen, wenn die Kamera ganz dicht an meinem Gesicht vorbeikam. Und dann musste ich beim Aufstehen aufpassen, denn mein Kreislauf war ja im Keller.
Haben Sie schon einmal einen Modeljob aus inhaltlichen Gründen abgelehnt?
Rainer Locher: Gleich mein allererstes Shooting war für eine Baumarktkette – und auch noch für die Gartenabteilung! Zum Glück war die Kette damals in Stuttgart nicht vertreten; ich hatte mich schon wie ein Nestbeschmutzer gefühlt und echte Bauchschmerzen. Einen Auftrag für ein Haarfärbemittel habe ich abgelehnt – meine Grauen sind ein Teil von mir und meinen Buchungen; ich kann nicht monatelang mit schwarzen Haaren herumlaufen. Und ich wurde von RTL für den „Golden Bachelor“ angefragt. Ich wäre der Bachelor gewesen und hätte mich zwischen mehreren Frauen entscheiden müssen, und das Ganze in der Karibik. Aber zum einen bin ich verheiratet und zum anderen nicht für solche flachen Sendungen zu haben.
Die meisten Menschen würden sicher gern so fit daherkommen wie Sie. Was tun Sie dafür, fotogen zu sein und zu bleiben?
Rainer Locher: Als Gärtner arbeiten. Ich habe früher mal etwas Sport gemacht, ein paar Jahre lang geboxt, aber nicht wegen der Fitness. Ich laufe einfach im Alltag sehr viel, bis zu 20.000 Schritte. Wir haben recht schwere und natürlich viele Pflanzen. Und wenn ich im Garten umgrabe, brauche ich abends kein Fitnessstudio mehr.
Denken Sie, dass Models in absehbarer Zeit durch KI-Bilder ersetzt werden?
Rainer Locher: Glaube ich schon. Ich habe vor Kurzem einen Bericht dazu gelesen. Klar sagen die Agenturen: Das ist viel einfacher, wir müssen keine Models zahlen, keine Location buchen usw. – das ist einfach ein Kostenfaktor.
Sie führen Ihre Gärtnerei bereits in vierter Generation. Ist Ihre Verbindung zur Volksbank Stuttgart ebenso traditionsreich?
Rainer Locher: Nicht ganz: Ich bin die erste Generation bei der Volksbank. Mein Vater und Großvater und eine Zeitlang auch ich waren bei einer Bank, die hauptsächlich für den Agrarbereich gearbeitet hat und bei der alle Gärtner waren. Die wurde dann zur Privatbank und irgendwann habe ich mich da nicht mehr wohl gefühlt.
Der Kontakt zur Volksbank kam über meinen Bruder zustande, der kannte dort eine Führungskraft. Und nach einem tollen Gespräch bin ich mit offenen Armen aufgenommen worden.
Als Model und Komparse sind Sie bereits für in alle möglichen Rollen für verschiedenste Auftraggeber geschlüpft …
Rainer Locher: … auch schon für die Volksbank Stuttgart, damals noch „Stuttgarter Volksbank“. Das ist ein typisches Beispiel: Ohne Brille, mit Anzug, Krawatte und Blick nach oben hat mich kaum jemand erkannt. Ich weiß aber noch, wie mich meine Mitarbeiterin im Urlaub anrief und mir sagte, dass das Plakat hängt. Ich fragte, wo – die Antwort: „Überall!“
Herr Locher, wir danken Ihnen für das Gespräch – und wünschen Ihnen und uns, dass wir Sie weiterhin bei vielen gutaussehenden Jobs sehen!