Wie die Polizei Baden-Württemberg zu Schockanruf, Phishing & Co. aufklärt und welcher Tipp fast immer schützt: Polizeihauptkommissarin Theresa Alt vom LKA-Referat Prävention im Interview.
Interview mit Theresa Alt
Referat Prävention, LKA Baden-Württemberg
„Dann weiß man recht schnell, ob etwas tatsächlich stimmt.“
Der Enkel, der einen schweren Unfall verursacht hat, oder die Bankdaten, die unbedingt noch einmal eingegeben werden müssen: Mit verschiedensten Maschen und oft hochprofessionell erbeuten Betrüger nicht selten hohe Beträge. Theresa Alt gibt Tipps, wie man die meisten Varianten erkennt, und erklärt, wie die Polizei Bürgerinnen und Bürger zu dem Thema warnt und aufklärt.
Unser Tipp: Erfahren Sie mehr zum Thema bei unserer Online-Veranstaltung „Achtung, Falle“ am 28. Januar 2025 mit Polizeihauptkommissar Michael Schossig – weitere Informationen und kostenfreie Anmeldung unter www.volksbank-stuttgart.de/achtung-falle.
Frau Alt, ist es Ihnen selbst schon passiert, dass jemand versucht hat, Sie online oder am Telefon zu betrügen?
Theresa Alt: Mir selbst tatsächlich nicht, bis auf den inzwischen weit verbreiteten Messengerbetrug: Die SMS „Hallo Mama, hallo Papa, mein Telefon ist kaputt“ usw. hat sicher jeder schon mal bekommen, ich auch.
Doch in meiner Familie gab es schon einmal einen sogenannten Schockanruf. Die angerufene Person war tatsächlich einen Moment lang unsicher. Aber es kam ihr schnell komisch vor, sie hat dann auch aufgelegt und den Sachverhalt über eine andere Telefonnummer geprüft. Sicher auch, weil das bei uns natürlich recht häufig Thema ist. Aber wir alle haben dadurch persönlich gemerkt, wie emotional das ist und was das mit einem macht.
Kann man allgemein sagen, wie man einen Schockanruf erkennt und darauf reagiert?
Theresa Alt: Diese Schockanrufe laufen meist nach einer ähnlichen Masche ab. Erst sagt eine sehr weinerliche, verzweifelte Stimme am Telefon etwas wie „Mama, mir ist ein schwerer Verkehrsunfall passiert, ich habe eine Frau überfahren, die ist tot“ usw.: also ganz dramatisch, um die angerufene Person in einen Schock zu versetzen. Dann wird das Telefon in der Regel weitergegeben an den angeblichen Polizeibeamten, der den Sachverhalt bestätigt und dann irgendwann eine Geldforderung in Form einer Kaution stellt. Das würde die Polizei nie machen: Wir fordern kein Geld am Telefon. Deshalb kann man dann sofort davon ausgehen, dass es Betrug ist.
Die Betrugsmaschen sind zwar sehr weit gefächert. Doch es gibt einen allgemeinen Tipp, der vielleicht ein bisschen vage klingt, aber meistens passt: Wenn Ihnen etwas komisch vorkommt, wenn Sie ein seltsames Bauchgefühl haben, dann überprüfen Sie noch mal, ob es wirklich so ist. Etwa beim Schockanruf: Hat man das Gefühl, sowas passiert mir nicht, das ist nicht normal, irgendwas stimmt nicht – dann legt man am besten auf, atmet kurz durch und überprüft die Situation. Man kann z. B. die angeblich verunfallte Tochter oder den Enkel in der angeblichen finanziellen Notlage unter der Nummer anrufen, die man eingespeichert hat. Dann weiß man recht schnell, ob etwas tatsächlich stimmt.
Sie sind im Landeskriminalamt Baden-Württemberg im Referat Prävention. Was sind Ihre Aufgaben?
Theresa Alt: Grundsätzlich sind wir im Referat Prävention zuständig für die Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger über unterschiedliche Kriminalitätsphänomene. In meinem Bereich sind das vor allem Betrug und teilweise Diebstahlsdelikte. Wir versuchen über unterschiedliche Projekte und Maßnahmen die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und ihnen Tipps und Hinweise an die Hand zu geben, wie man sich schützen und worauf man achten kann, wenn man mit möglichen Betrugsmaschen konfrontiert wird.
Wie sehen diese Maßnahmen und Projekte z. B. aus?
Theresa Alt: Wir versuchen die Menschen auf allen Wegen zu erreichen. So erstellen wir etwa Plakate, Flyer und Broschüren, wo man nachlesen kann: Was gibt es für Betrugsmaschen? Wie kann man sich davor schützen?
Auch über Social Media geben wir Tipps, versuchen aufmerksam zu machen – über Facebook, Instagram, X, YouTube. Da haben wir z. B. im Frühjahr eine Videoreihe erstellt zum Thema Telefonbetrug, wo wir unterschiedliche Varianten behandelt haben wie den Schockanruf, aber auch Anlagebetrug übers Telefon, Gewinnversprechen und vieles mehr. In dieser Clipreihe werden die Maschen erklärt und am Ende Tipps gegeben, wie man sich davor schützen kann.
Woran man vielleicht nicht gleich denkt, was aber auch häufiger angefragt wird, sind Infoscreens für Geldautomaten: Diese sollen die abhebende Person dafür sensibilisieren, dass sie vielleicht gerade in einen Betrug verwickelt ist
… das heißt, wenn jemand einen besonders hohen Betrag abhebt? …
Theresa Alt: Genau: Dass man noch mal den Impuls bekommt, darüber nachzudenken, warum man gerade so viel Geld abhebt – ob da vielleicht etwas nicht stimmt.
Die Materialien kann man dann bei Ihnen anfordern? Wer kommt dafür in Frage?
Theresa Alt: Ja, diese können direkt und kostenlos bei uns angefordert werden. Im Internet findet man unsere Medien entweder unter www.polizei-bw.de oder www.polizei-beratung.de.
Wir schulen auch Bankangestellte, um sie entsprechend zu sensibilisieren z. B. für den Fall, dass Personen bei ihnen viel Geld abheben möchten. Und die Bankkundinnen und -kunden, so wie mit der Online-Veranstaltung „Achtung, Falle“ mit meinem Kollegen Michael Schossig, die Sie Ihren Kundinnen und Kunden im Januar anbieten (www.volksbank-stuttgart.de/achtung-falle, Anm. d. Red.).
Da neue Technologien oft besonders früh von Kriminellen eingesetzt werden: Macht sich die rasante Entwicklung von KI auch beim Betrug bemerkbar?
Theresa Alt: Das Thema geht auch an uns nicht vorbei, etwa mit den täuschend echt nachgeahmten Stimmen. Für die Prävention spielt das momentan eine geringere Rolle, da man bei so einem Schockanruf wegen der emotionalen Situation sowieso kaum unterscheiden kann, wer da genau verzweifelt weint oder schluchzt. Die Täterinnen und Täter setzen auf Masse, rufen z. B. eine Person nach der nächsten an. Wenn darauf nur eine von 100 hereinfällt, ist das Soll für den Tag erreicht. Andererseits: Wenn man die genannten Tipps beachtet, sich fragt, ob etwas nicht stimmt und die Situation überprüft, dann ist es egal, ob die Stimme echt oder KI-generiert ist.
Wichtiger ist, dass sich die Maschen ständig ändern bzw. neue dazukommen; oft angepasst an aktuelle Lagen oder Situationen. Was gerade häufiger vorkommt, sind angebliche Briefe von unterschiedlichen Bankinstituten mit QR-Codes, die man scannen und dann Bankdaten eingeben oder bestätigen soll. Ich selbst habe neulich einen Brief mit QR-Code bekommen, war mir nicht sicher und habe deshalb bei der Bank nachgefragt. In diesem Fall hat es sich als echt herausgestellt – aber auch hier gilt: skeptisch sein und lieber noch mal auf einem bekannten Kontaktweg nachfragen. Und sensible Internetadressen wie die vom Online-Banking lieber selbst eingeben, anstatt einen Code zu scannen oder auf einen Link in einer E-Mail zu klicken. Im schlimmsten Fall erhalten sonst die falschen Personen Zugangsdaten, Zugriff auf den Bankaccount oder Ähnliches.
Man liest oder hört ja gelegentlich, dass vermeintliche Betrugsopfer den Spieß umdrehen, Betrüger hereinlegen und an die Polizei liefern. Ist das ratsam?
Theresa Alt: Nein. Wir raten den Bürgerinnen und Bürgern, die Situation abzubrechen und aufzulegen. Das sind Kriminelle am Telefon und man weiß nie, was die im Schilde führen. Vielleicht gibt man am Ende doch etwas zu viel von sich preis, deshalb einfach direkt auflegen und die Situation beenden.
Frau Alt, wir danken Ihnen für das Gespräch – und wünschen Ihnen und uns allen, dass Sie weiterhin Erfolg bei Ihrer Arbeit haben!
Steckbrief Theresa Alt
Theresa Alt ist seit 12 Jahren bei der Polizei und war bis vor knapp zwei Jahren im Streifendienst bei unterschiedlichen Polizeirevieren tätig. Seit April 2023 arbeitet die Polizeihauptkommissarin im Bereich der Kriminalprävention – als Sachbearbeiterin für den Themenbereich Betrug und Diebstahl im Referat Prävention des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg.