Vom Spielen mit Bällen und Worten

Schon mit 16 Jahren hat Gerhard Delling seine Karriere als Journalist begonnen. Er berichtete nicht nur über zahlreiche Sportrekorde, sondern ist selbst Rekordhalter mit 380 moderierten Folgen der ARD Sportschau.

Als wortgewandter Kommentator von Fußball-Turnieren trietzte und siezte er sich mit Ex-Fußballprofi Günter Netzer, wofür er  den Grimme-Preis und sogar eine Auszeichnung für Sprachkultur erhielt. Im vergangenen Jahr gab er sein viel beachtetes Romandebüt. Wir sprachen mit Gerhard Delling über nord- und süddeutsche Sturköpfe, seine Großmutter und was ihn
mit der Volksbank Stuttgart verbindet.

Gerhard Delling vs. Günter Netzer

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Interview mit Gerhard Delling

Herr Delling, gleich als Erstes: Sie zählen zu den Bankiers der Volksbank Stuttgart – wie kam es dazu?

Ich bin seit einigen Jahren Kunde und Mitglied bei der Volksbank Stuttgart. Über einen Freund habe ich Herrn Ille von der Volksbank kennengelernt, der mich bis heute betreut. Das passte von Anfang an. Grundsätzlich halte ich die Genossenschaft für ein gutes Modell, deshalb habe ich auch Mitgliedsanteile. Die Betreuung, das Miteinander haben etwas sehr Persönliches.

Sie sind gebürtiger Schleswig-Holsteiner … und trotzdem mit dem schwäbischen Dialekt vertraut?!

Ich mag den Sprachklang und kenne ihn gut noch aus meiner Zeit in Baden-Baden beim Südwestfunk, wie der Sender vor der Fusion zum SWR hieß. Damals war ich in ganz Baden-Württemberg unterwegs und habe mich schnell reingehört, ins Badische genauso wie ins Schwäbische. Heute hat der süddeutsche Zungenschlag etwas fast Heimatliches für mich. Damals, als Norddeutscher im Süden, habe ich immer sofort aufgehorcht, wenn jemand Platt gesprochen hat. Inzwischen geht mir das umgekehrt so, wenn ich in Hamburg plötzlich jemanden badisch oder schwäbisch schwätzen höre.

Was macht für Sie den Unterschied zwischen einem Nord- und einem Süddeutschen?

Da sehe ich eigentlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Charaktermerkmale wie Bodenständigkeit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit zum Beispiel, aber auch ein ähnlicher Humor. Ich bin ein typischer norddeutscher Sturkopf, die gibt’s im Südwesten ganz genauso. Hier wie dort dauert es seine Zeit, bis man den Menschen näherkommt, aber wenn man erstmal freundschaftliche Beziehungen aufgebaut hat, dann sind die umso fester und langlebiger. Ich habe mich hier jedenfalls immer heimisch gefühlt und wäre sogar fast sesshaft geworden.

Vergangenes Jahr haben Sie Ihr Buch „Ella & Co. KG“ veröffentlicht. Worum geht es in diesem Roman?

Es ist die Geschichte einer starken Frau – heute würde man sagen Powerfrau – die sich lange vor jeder Diskussion um Gleichberechtigung und Frauenquote erfolgreich als Unternehmerin behauptet hat. Hinter Ella steht, stark verfremdet, meine Großmutter, die sich am Ende des zweiten Weltkriegs und danach erst als Konditorin, dann mit Lumpen oder Second Hand, wie man heute sagen würde, selbständig gemacht hat. Das Unternehmen hat sie sukzessive ausgebaut. Erst mit Abbruch, dann Schrott und bald zusätzlich mit Güternahverkehr und Containerdienst. Ich habe als Schüler und Student immer wieder in der Firma gejobbt. Die Lebenswelt der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit fand ich ebenso faszinierend wie den Unternehmergeist, die unbändige Energie und die Persönlichkeit dieser ungewöhnlichen Frau, der Mutter meines Vaters.

Angesichts der lebensprallen Geschichte und der positiven Rezensionen drängt sich der Gedanke an eine Verfilmung geradezu auf. Wird Ella ins Kino kommen?

Ich hoffe es sehr, immerhin wurde bereits ein Vorvertrag für die Verfilmung unterschrieben.

Handelt es sich hierbei um Ihre erste Literaturveröffentlichung? Was bewegt Sie zum Schreiben?

Schreiben war schon immer meine Leidenschaft, das hat mich schon sehr früh als Jugendlicher gepackt. Neben dem Journalismus habe ich bisher einiges rund um den Fußball publiziert, aber die Ella & Co. KG ist mein erster Roman. Im literarischen Schreiben kann ich mein Interesse für Menschen ausleben. Es ist ungeheuer spannend, wie intensiv man sich im Schreiben mit Menschen, ihren Gefühlen und Motiven auseinandersetzen kann. Man kann Phantasie freisetzen, unendliche Varianten einer Geschichte durchspielen und eine eigene Welt erschaffen. Mir macht es auch großen Spaß, meinen eigenen Schreibstil zu entwickeln.

Was würden Sie als persönliche Highlights Ihrer Karriere bezeichnen?

Mehr als 40 Jahre im Journalismus, da sind schon viele herausragende Momente dabei gewesen. Spontan fallen mir natürlich sportliche Ereignisse ein, wie die Olympischen Spiele, Leichtathletikweltmeisterschaften, Tennis in Paris und Melbourne, die Fußball-WM 2006 oder die Handball WM 2007 in Deutschland und EM 2016 in Polen. Mit das Beste an meinem Beruf ist, dass man die Chance hat, so viele spannende Menschen kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ausnahmesportler, die zugleich Ausnahmepersönlichkeiten sind, wie beispielsweise Dieter Baumann, Carl Lewis und die Legende Muhammad Ali, den ich 2000 in Sydney interviewen durfte. Aber das müssen gar nicht immer Promis oder Sportler sein. Mich faszinieren und beeindrucken Menschen, die beseelt sind von dem was sie tun, die für eine Sache brennen, ob im sozialen Bereich, in der Politik oder in der Wirtschaft.

Sie waren viele Jahre zusammen mit Günter Netzer als Fußballkommentator in der ARD zu sehen. Was verbindet Sie heute noch mit Herrn Netzer? Siezen Sie sich eigentlich immer noch?

Wir haben immer, nicht nur vor der Fernsehkamera, „Sie“ zueinander gesagt und tun das auch heute noch. Wir haben das Duzen nie vermisst, im Gegenteil, für unsere Zusammenarbeit war es sogar gut. Wir wollten ja keine Stammtischrunde führen, sondern haben uns als Experten mit unterschiedlichem fachlichem Hintergrund und eigenem Blick auf die Dinge ausgetauscht.

Ab Ende November findet in Katar die Fußballweltmeisterschaft statt. Was trauen Sie der deutschen Nationalmannschaft zu?
Ich denke, da ist alles drin – allerdings für viele. Der Fußball auf internationalem Niveau ist ausgeglichener als früher, alle Teams in der Spitze sind fußballerisch gut entwickelt und es gibt derzeit keine konkurrenzlose Überfliegermannschaft. Das heißt aber auch, dass alle großen Fußballnationen, die es in die WM geschafft haben, eine reelle Chance auf den Titel haben. Neben Fitness und Form ist bei so einem Turnier ausschlaggebend, wie gut es gelingt die Spielerpersönlichkeiten zu einem harmonierenden Team zusammenzuschweißen. Hansi Flick ist ein Trainer, der genau das schaffen kann. Für unsere Elf rechne ich deshalb schon mit einem guten Abschneiden, mindestens Halbfinale, aber auch das Endspiel ist möglich.

Und für welchen deutschen Verein schlägt Ihr Herz?

Es gibt eine gewisse Affinität zum Hamburger SV aus Kindertagen. Mit meinem Vater war ich schon als kleiner Steppke im Volksparkstadion, das haftet natürlich. In meiner Zeit im Südwesten habe ich dann Kaiserslautern und den SC Freiburg kennengelernt, der in den letzten Jahren eine wirklich beeindruckende Entwicklung hingelegt hat. Die Entwicklung finde ich beispielhaft. Ansonsten fühle ich mich als Journalist weiterhin der Neutralität verpflichtet.

Wie sehen Ihre aktuellen Pläne für die Zukunft aus?

Tun, was mir Spaß macht und mich begeistert. Vor allem schreiben. Ein neuer Roman ist schon in Arbeit. Ich moderiere auch weiterhin Veranstaltungen und Diskussionsrunden, wenn sie mich interessieren. Ich biete Coachings für Kommunikation und das Auftreten in Medien an. Und ich habe ein Hochschul-Lehrmandat in Hannover, das mir viel Freude macht. Ich selbst habe noch eine sehr profunde wissenschaftliche Ausbildung über Visualisierung, Dramaturgie und das bewusste Zusammenspiel von Text- und Bild genossen, was für meine journalistische Arbeit sehr wertvoll war. Mein Wissen und meine Erfahrung gebe ich gerne an den Journalismus-Nachwuchs weiter. Ich kann mir auch vorstellen, wieder Fernsehsendungen zu machen, aber das muss dann etwas Neues sein, das mich richtig fasziniert. Und dann gehe ich mit meinem Ella-Roman immer mal wieder auf Lesereise. Über den Kontakt zu den Lesern freue ich mich sehr.

Kann man Sie dann auch in Stuttgart erleben?

Es stehen noch nicht alle Stationen fest, mal schauen. Ich würde mich jedenfalls freuen, mal wieder ins Ländle zu kommen.

Herr Delling, herzlichen Dank für das Gespräch.

© Gerhard Delling

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